8,28 Millionen Franken: Wertvollster Lamborghini aller Zeiten
Mit einem Auktionspreis von 8,28 Millionen Schweizer Franken (heute 8,28 Mio. Euro) auf der Bonhams Bonmont Versteigerung 2019 hält der Veneno Roadster den Rekord als teuerster, jemals öffentlich veräußerter Lamborghini.
Satte 50 Prozent über dem vorherigen Schätzpreis liegend, erzielt das weiße Exemplar des 2015 vorgestellten Supersportlers seinen Preis primär aus zwei Gründen: Erstens liegt mit einer Gesamtproduktion von neun Veneno Roadstern eine immense Rarität vor, die das straßenzugelassene Raumschiff seltener als die meisten Bugattis, Koenigseggs und Paganis macht, zweitens wäre die Geschichte des Rekord-Venenos eine erstklassige Grundlage für einen Kriminalroman.
Nach seiner Produktion wird der 751 PS starke Zwölfzylinder auf Basis des Lamborghini Aventador an Teodorin Obiang, den Vizepräsidenten von Äquatorialguinea und Sohn des seit über 40 Jahren regierenden Staatschefs Teodoro Obiang, verkauft. Das drittgrößte Öl-Exportland Afrikas ist für seine Korruption berüchtigt, die der Präsidentensohn mit maßloser Veruntreuung von Steuergeldern verstärkt.
Nach einem Deal mit der Schweizer Justiz muss Obiang 25 Luxusautos abgeben, die 2019 auf der Bonhams Bonmont Auktion für wohltätige Zwecke versteigert werden. Die mit Abstand teuerste Losnummer 020 ist der weiße Lamborghini Veneno. Der neue Besitzer ist unbekannt.
Super-Aventador für Superreiche: Die Geschichte des Veneno
2011 ist ein großes Jahr für Lamborghini: Als Nachfolger des Murciélago betritt der Aventador das Rampenlicht, der bis zu seinem Produktionsende 2022 den Archetypen eines radikalen V12-Sportwagens für eine ganze Generation begeisterter Autofans markiert.
Extreme Optik, brüllender Sound – selbst Laien und ahnungslose Passanten können der exotischen Aura des Aventador kaum entweichen. Doch Lamborghini wäre nicht Lamborghini, hätte die Edelschmiede aus der Emilia-Romagna keine Steigerung im Programm.
Anlässlich ihres 50. Jubiläums lässt die Manufaktur auf dem Genfer Autosalon 2013 die Korken knallen: Mit der Coupé-Version des Veneno lanciert die Audi-Tochter eine nur viermal gebaute Extrem-Version des Aventador, die letzteren plötzlich ungewohnt zivilisiert aussehen lässt.
Wie eine Kriegserklärung auf vier Rädern schreit der Veneno mit scharfen Kanten, bösem Blick und reichlich Carbon nach Aufmerksamkeit. Drei Exemplare werden für jeweils drei Millionen Euro in den Farben der heimischen Nationalflagge (ein grünes, ein weißes und ein rotes Auto) verkauft, ein viertes (grau) wandert ins Lamborghini-Museum nach Sant’Agata Bolognese.
Zwei Jahre später liefern die Italiener mit dem offenen Veneno Roadster eine Zugabe, die mit neun produzierten Autos häufiger im Vergleich zum Coupé existiert. 3,3 Millionen Euro lautet das ursprüngliche Preisschild jenes futuristischen Cabrios, dessen Weltprämiere auf dem italienischen Flugzeugträger Cavour in Abu Dhabi schon Bände spricht.
Alle Exemplare sind bereits vor ihrer Präsentation ausverkauft. Die Wertverdopplung in weniger als fünf Jahren befeuert wilde Spekulationen, zu welchem Preis man den Veneno zukünftig als Youngtimer verkaufen könnte.
Renntechnologie für die Straße
Dass der Veneno keine rein optische Modifikation des Aventador darstellt, demonstrieren seine technologischen Errungenschaften. In kleinster Auflage realisiert der Rennwagen-Prototyp mit Straßenzulassung Innovationen, von denen Aventador-Besitzer nur träumen können.
Als erstes Fahrzeug der Firmengeschichte bringt er Monocoque, Rahmen und Karosserie in hundertprozentiger Carbon-Ausführung auf die Piste, was gegenüber dem Aventador Roadster eine Gewichtsreduktion um 125 Kilogramm auf 1,5 Tonnen bewirkt.
Hinzu kommt ein automatisiertes 7-Gang-ISR-Getriebe mit fünf verschiedenen Fahrmodi. Während die aktive Aerodynamik des imposanten Heckflügels zu den größten Alleinstellungsmerkmalen des Exterieurs zählt, dominieren im Innenraum zwei einzigartige Materialien.
So besteht der Sitz aus Lamborghinis patentiertem Forged-Composite-Material, während die Oberflächen mit dem eigens entwickelten CarbonSkin bezogen sind. Das exklusive Material ist leicht, robust und verleiht dem Interieur eine überraschend bequeme Beschaffenheit.
Antriebs- und leistungstechnisch trennen den Veneno Roadster nur Feinheiten vom Aventador. Mit einer leistungsgesteigerten Version (751 PS) von dessen 6,5-Liter-V12 bestückt, sprintet der Kampfstier in 2,9 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht in der Spitze 355 km/h. Apropos Stier: Seinen Namen verdankt der Veneno einem gleichnamigen Rind, das den Torero José Sánchez Rodríguez 1914 bei einem Stierkampf im andalusischen Sanlúcar de Barrameda tötet. Eine Geschichte, die wie die Faust aufs Auge zum diabolischen Look des Hyper-Sportwagens passt.
Teodorin Obiang: Wer ist der zweifelhafte Vorbesitzer?
Kein Veneno reicht jedoch an die Bösartigkeit von Nummer 7 der neun produzierten Exemplare heran. Nicht seine unschuldig weiße Farbe, sondern die Story des 8,28 Millionen Franken teuren Rekord-Exemplars lässt es hervorstechen. Erstbesitzer ist der Vizepräsident Äquatorialguineas, Teodorin Obiang, der als designierter Nachfolger seines Vaters Teodoro Obiang im Präsidentensessel gilt.
Seit 1979, als er einen Putsch durchführt und seinen Onkel töten lässt, steht Vater Obiang an der Spitze eines beispiellosen Korruptionssystems, das von Wahlbetrug bis Veruntreuung diverse kriminelle Machenschaften auf dem Rücken einer Bevölkerung begeht, die zur Hälfte in Armut lebt. Sohnemann Teodorin ist für seine Verschwendungssucht berühmt: In seiner Zeit als Landwirtschaftsminister soll er öffentliche Mittel von rund 110 Millionen Euro veruntreut haben, um seinen majestätischen Lebensstil zu finanzieren.
Die französische Justiz verurteilt den hauptsächlich in Paris und London lebenden Obiang 2017 in Abwesenheit zu drei Jahren Haft auf Bewährung wegen Korruption und Veruntreuung. Bis zu diesem Zeitpunkt beschlagnahmt sie Immobilien und Wertgegenstände für rund 200 Millionen Euro.
Automobile Träume: Zwangsversteigerung der Extraklasse
Auch die Schweizer Behörden kommen den kriminellen Machenschaften Obiangs auf die Schliche: 2016 beschlagnahmt die Eidgenossenschaft 25 Luxusautos des Afrikaners und leitet Korruptionsermittlungen ein, welche im Zuge einer Einigung geschlossen werden.
Teil des Deals: Obiang muss seine Karossen abgeben und zusätzlich 1,4 Millionen Franken Strafe bezahlen. Versteigert werden die Fahrzeuge am 29. September 2019 vom Auktionshaus Bonhams in einer Umgebung, die der Exklusivität der Diktatorensammlung gerecht wird: Der Zisterzienserabtei Bonmont, die mitten auf einem Golfplatz nahe Genf liegt. Der Bieterkampf findet in einer Kirche statt, wo insgesamt 75 Autos unter den Hammer geraten.
Die ersten 25 Lose entfallen auf Obiangs Kollektion und verschlagen jedem Auto-Enthusiasten die Spucke. Oldtimer verkaufen? Nicht in den Losen des Despoten. Stattdessen landen unter anderem folgende Neuzeit-Raritäten in der Versteigerung:
- Koenigsegg One:1 (2015): Nur sechsmal gebaut, erzielt das 1.360 PS starke Carbon-Geschoss satte 4,6 Millionen Schweizer Franken.
- Bugatti Veyron 16.4 (2010): Ein blaues Exemplar des 407 km/h schnellen Hypercars bringt 1,311 Mio. Franken.
- Ferrari Enzo (2003): In leuchtendem Gelb, der Ursprungsfarbe Ferraris, findet Obiangs Über-Ferrari für 3,105 Mio. Franken einen neuen Besitzer.
- Ferrari LaFerrari (2014): Der Enzo-Nachfolger strahlt ebenfalls in Gelb und kommt auf 2,2 Mio. Franken.
- Porsche 918 Spyder (2015): Stolze 1,553 Mio. Franken lässt sich der neue Eigentümer den gelben Hybrid-Flitzer aus Zuffenhausen kosten.
- McLaren P1 (2015): Für 1,2 Mio. Franken gerät ein weiteres Hypercar mit Elektro-Unterstützung unter den Hammer.
Unangefochtener Star der Versteigerung ist jedoch der Lamborghini Veneno Roadster. Viel Zeit zum Ausfahren des Rennwagens hatte sein zweifelhafter Vorbesitzer offenbar nicht: Nur 325 Kilometer befinden sich zum Auktionszeitpunkt auf dem Zähler.
Der millionenschwere Erlös soll an Hilfsorganisationen fließen, die in Äquatorialguinea tätig sind. Zusätzlich konnte Bonhams noch eine Reihe interessanter Oldtimer verkaufen, die vom Mercedes 300 SL bis zum Ferrari 250 GTE reichen.
Platz 2: Lamborghini SC18 Alston (2018)
Das erste Straßenfahrzeug von Lamborghinis Rennsport-Abteilung Squadra Corse ist ein absolutes Einzelstück: Der SC18 Alston basiert zwar auf dem Aventador SVJ und übernimmt dessen Antriebsstrang, ist mit seinem Telemetrie-System, Spezialreifen und einer kompletten Carbon-Karosse jedoch viel stärker auf die Rennstrecke fokussiert.
Auch die Optik ist waschechten Motorsportmodellen entlehnt: So sind die frontalen Lufteinlässe im Stil des Huracán GT3 EVO gehalten, während die Kotflügel, Finnen und Air-Scoops des Heckbereichs an den Huracán Super Trofeo EVO erinnern. Der SC18 Alston wurde in Zusammenarbeit zwischen Lamborghini und seinem einzigen Käufer entwickelt; der geschätzte Kaufpreis beträgt rund sieben Millionen Euro.
Platz 3: Lamborghini Sián (2019)
Das erste in Serie produzierte Hybrid-Fahrzeug von Lamborghini vereint V12 und Elektro zu einer Gesamtleistung von 819 PS. 2019 als Coupé mit einer Limitierung auf 63 Exemplare (Gründungsjahr 1963) und 2020 als Roadster in einer Auflage von 19 Stück präsentiert, kostet der Sián rund 3 bis 3,6 Millionen Euro und ist mittlerweile komplett ausverkauft.
Sein Name bedeutet im bolognesischen Dialekt „Blitz“ und wird zur Vorstellung mit dem Zusatz „FKP 37“ versehen, um den kurz zuvor verstorbenen, langjährigen VW-Chef Ferdinand Karl Piëch (Geburtsjahr 1937) zu ehren.
Technisches Highlight sind die aus dem Rennsport übernommenen Superkondensatoren, die eine Elektrifizierung des 350 km/h schnellen Lamborghinis ohne schwere Lithium-Ionen-Akkus ermöglichen. Wer den Sián später als Youngtimer verkaufen wird, dürfte auf dem Markt vom Pionier-Faktor, der geringen Stückzahl und nicht zuletzt der brachialen Ästhetik des Über-Sportwagens profitieren.
*Bild-Quellen:
lamborghini.com
wikipedia.org