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Salvator Mundi – teuerstes Gemälde der Welt

Mit Abstand: Das wertvollste Gemälde aller Zeiten

Am 15. November 2017 wird das Gemälde von Leonardo da Vinci, der „Salvator Mundi“ bei Christie’s in New York für 450,3 Millionen Dollar (inklusive Gebühren) versteigert und hält seitdem den Titel als wertvollstes jemals auktioniertes Gemälde. Glücklicher Besitzer ist der saudische Kronprinz Mohammed Bin Salman, der das Kunstwerk seit der Versteigerung trotz geplanter Ausstellungen unter Verschluss hält.

Rätselhaftigkeit ist in der Geschichte des Ölgemäldes, das ein Porträt Jesus Christus‘ als Retter der Welt zeigt, nichts Neues: Von der Entstehung bis zur 500-jährigen Provenienz besitzt das Werk eine schleierhafte Historie und treibt einen Keil zwischen zwei Fraktionen von Kunstexperten. Während manche von der eigenhändigen Anfertigung durch das Jahrtausend-Genie Leonardo da Vinci überzeugt sind, sehen andere in dem Bild die Arbeit eines Schülers oder Assistenten des Großmeisters.

Weil beide Seiten starke Argumente vorlegen können, bleibt die Frage, wer wirklich den Pinsel des „Salvator Mundi“ führte, bis heute offen. Ungeachtet aller Zweifel erzielt das Gemälde von 2005 bis 2017 einen gigantischen Wertzuwachs von 1175 Dollar auf den aktuellen Weltrekord. Längst spielt Kunst bei diesem Werk eine zweitrangige Rolle – vielmehr geht es um Geld, Macht und Wahrheit.

Vom Königsbesitz zum verachteten Schnäppchen

Die erste Lücke in der Provenienz des „Salvator Mundi“ wirft bereits sein Entstehungsjahr auf: Niemand weiß exakt, ob es noch im 15. oder schon im 16. Jahrhundert fertiggestellt wird, sodass nur eine vage Datierung um das Jahr 1500 möglich ist. Über den Auftraggeber herrschen wilde Spekulationen; eine wahrscheinliche Kandidatin ist Isabella d’Este, die Herzogin von Mailand.

Nach dem Tod da Vincis im Jahr 1519 werden verschiedene Werke des Meisters von seinem mutmaßlichen Geliebten Salaj an den französischen König Franz I. weitergegeben, unter denen sich auch der „Salvator Mundi“ mit der Bezeichnung „Christo in mondo de uno Dio padre“ befunden haben könnte. Ab 1530 verlieren sich die Spuren komplett.

Erst 1649, nach der Hinrichtung des englischen Königs Karl I., erscheint das Gemälde in dessen Inventar und gerät anschließend in den Besitz John Sheffields, des Dukes of Buckingham. Dessen Sohn versteigert das Kunstwerk im Jahr 1763, woraufhin seine Geschichte abermals im Sande verläuft.

Erst um das Jahr 1900 taucht der „Salvator Mundi“ wieder in Kunstsammlung der englischen Textilhändlerfamilie Cook auf. Am 25. Juni 1958 erfolgt die Versteigerung bei Sotheby’s in London, an der auch der renommierte Leonardo-Experte Sir Kenneth Clark teilnimmt.

Letzterer zeigt jedoch nicht das geringste Interesse an jenem Gemälde, das zu jener Zeit als Werk des Da-Vinci-Schülers Giovanni Antonio Boltraffio oder dessen Nachfolgern gelistet wird. Auch die übrigen Händler im Saal wenden nicht die Mühe auf, ihre Hand für den „Salvator Mundi“ zu heben. Am Ende wird er für 45 Dollar an den Möbelhändler Warren E. Kuntz versteigert, der ihn zum Zwecke seiner persönlichen religiösen Andacht verwendet.

Sensationelle Erkenntnis: Da Vinci ist der Maler

Bis 2004 verbleibt das Werk von Leonardo Da Vinci im Familienbesitz der Kuntz, bevor sie das Gemälde verkaufen. Käufer ist der New Yorker Kunsthändler Robert Simon, der das Ölgemälde aus Neugier und in miserablem Zustand für 1175 Dollar auf einer Versteigerung in New Orleans erwirbt.

Auf eine Sensation hoffend, lässt Simon den „Salvator Mundi“ aufwendig von der angesehenen Restauratorin Dianne Modestini aufwerten, die anhand einer charakteristischen Übermalung an der Christus-Hand den spektakulären Verdacht äußert: Das Gemälde könnte aus der persönlichen Hand Leonardo Da Vincis stammen.

2008 versammelt Simon in der Londoner National Gallery eine Gruppe renommierter Leonardo Da Vinci-Fachleute, um eine detaillierte Untersuchung des „Salvator Mundi“ vorzunehmen. Die Experten, allen voran der britische Kunsthistoriker und „Kenneth-Clark-Nachfolger“ Martin Kemp, sind von der Wirkung des Gemäldes fasziniert und schreiben es zweifelsfrei dem persönlichen Lebenswerk Leonardo Da Vincis zu.

Die Argumentation:

Während Leonardo mit der Mona Lisa das Irdische thematisiere, behandele er mit Jesus Christus und seiner Glaskugel den Kosmos. Das Porträt wird auf Schlag zur „männlichen Mona Lisa“ und 2011 in der National Gallery ausgestellt. Daneben: Der Name Leonardo da Vincis.

Kritik und Zweifel: War es wirklich Leonardo?

Die Zuschreibung löst lautstarken Widerspruch in der Kunstwelt aus. Allen voran die tiefgreifende Restaurierung mache eine seriöse Bewertung unmöglich, heißt es. Die Berliner Gemäldegalerie lehnt den Kauf ab und bezeichnet den „Salvator Mundi“ sogar als „Ruine“.

Tatsächlich ist die Frage berechtigt, welcher Anteil der originalen Farbe von 1500 noch erhalten ist. Zusätzliche Kritik löst die fehlende Erwähnung eines Salvator-Gemäldes Leonardos in Renaissance-Quellen aus, wohingegen das Motiv in den Kreisen seiner Schüler wiederholt gemalt wurde.

Auch die fragwürdige Ästhetik des Kunstwerks ist Gegenstand vieler Diskussionen: Dem versteinert wirkenden, herrischen Christus fehle an jener Dynamik und Lebendigkeit, die für andere Leonardo-Werke wie die Cecilia Gallerani oder Mona Lisa typisch seien.

„Salvator Mundi“ vergrößert.

Andere Skeptiker bringen hervor, die Kristallkugel in der linken Hand des „Erlösers“ sehe vielmehr wie eine Glasscheibe aus und der Linseneffekt sei nicht korrekt dargestellt. Von einem Meister, der optische Effekte studierte wie kein Zweiter?

Angesichts dieser Kritikpunkte stellt sich die Frage: Wie konnte das Gemälde zu seinem Wert kommen, der alle bisherigen Dimensionen sprengt? Weil andererseits glaubwürdige Argumente für eine echte Leonardo-Urheberschaft sprechen. Neben materialtechnischen Untersuchungen und dem direkten Vergleich mit gesicherten Werken des Universalgelehrten wie beispielsweise der Felsgrottenmadonna sprechen vor allem zwei Gewandstudien, die da Vinci offenbar vor der Anfertigung des Gemäldes kreierte, für den Pinselstrich aus seiner eigenen Hand. Auch die vorgenommenen Verbesserungen am „Salvator Mundi“ weisen große Ähnlichkeiten mit den Korrekturen anderer Leonardo-Gemälde auf.

Erst Rechtsstreit, dann politische Affäre.

Allen Unsicherheiten zum Trotz besitzt die Zuschreibung des Werkes an Leonardo da Vinci eine ausreichende Glaubwürdigkeit, um einen immensen Wertanstieg auszulösen: Bezahlte Robert Simon im Jahr 2005 noch 1175 Dollar für den streng anmutenden Christus, musste der Genfer Kunstberater Yves Bouvier 2013 in einem von Sotheby’s vermittelten Privatverkauf schon 80 Millionen Dollar für den „Salvator Mundi“ hinlegen.

Unverzüglich verkauft er den „Salvator Mundi“ für satte 127,5 Millionen Dollar an den russischen Oligarchen Dmitri Rybolowlew weiter, dem unter anderem der Fußballverein AS Monaco gehört. Als Rybolowlew von der enormen Marge erfährt, die Bouvier binnen kürzester Zeit durch ihn erwirtschaftet hatte, fühlt er sich betrogen und überhäuft den Händler mit Klagen.

Grund zur Traurigkeit hat der Milliardär im Nachhinein jedoch nicht: Als er das Werk nur drei Jahre später über Christie’s an das saudische Königshaus versteigert, darf er sich über einen Rekordpreis von glatt 400 Millionen Dollar freuen – zuzüglich Gebühren legt Mohammed Bin Salman 450,3 Millionen Euro auf den Tisch.

Seitdem wurde das Gemälde nicht mehr offiziell gesichtet. Die geplante Ausstellung im Louvre Abu Dhabi für September 2018 wird grundlos abgesagt, eine Leihgabe an das Pariser Louvre zur Leonardo-Ausstellung im Herbst 2019 verwehrt.

Grund dafür ist eine politische Affäre bis in die höchsten Kreise um Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Nachdem erneute Untersuchungen die Urheberschaft Leonardo da Vincis angezweifelt hatten, das saudische Königshaus jedoch auf die Präsentation im Louvre als hundertprozentig authentisches Werk des Universalgenies bestand, kam keine Einigung zustande.

Laut Berichten des Wall Street Journal soll der „Salvator Mundi“ zuletzt 2021 von Gästen auf Mohammed Bin Salmans Luxusyacht „Serene“ gesichtet worden sein.

Welcher ist der zweithöchste Gemälde-Wert?

Platz Zwei der teuersten Gemälde der Welt belegt aktuell die „Shot Sage Blue Marilyn“ von Andy Warhol aus dem Jahr 1964. Zur berühmten Porträt-Serie der Hollywood-Ikone Marilyn Monroe zählend, ist das Gemälde von einem salbeiblauen Hintergrund geprägt und erzielte bei Christie’s in New York im Mai 2022 satte 195,04 Millionen US-Dollar.

Niemals wurde auf einer Auktion ein höherer Preis für ein Werk des 20. Jahrhunderts erreicht. Vom Guggenheim-Museum in New York bis zum Pasadena Art Museum wurde es in unzähligen renommierten Kunstmuseen ausgestellt. Der Käufer ist unbekannt.

Platz Drei ist ein Picasso

Auch das drittteuerste Werk geriet bei Christie’s unter den Hammer: Für Pablo Picassos „Les femmes d’Alger (Version „O“)“ von 1955 musste der anonyme Verkäufer im Jahr 2015 saftige 179,4 Millionen Dollar hinlegen.

Mutmaßlicher Besitzer der abstrakten Frauendarstellung ist der katarische Premier- und Außenminister Hamad ibn Dschasim ibn Dschabr Al Thani. Bis Christie’s zwei Jahre später mit dem „Salvator Mundi“ ein noch wertvolleres Gemälde verkaufen konnte, hielten die „Frauen von Algier“ den Weltrekord als teuerstes Gemälde aller Zeiten. Ob der erlösende Christus in absehbarer Zeit ebenfalls von seinem Thron gestoßen wird, möchten wir stark infrage stellen. Höchstens die Mona Lisa hätte das Potenzial dazu.

*Bild-Quellen: wikipedia.org

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