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Mercedes-Benz 300 SLR „Uhlenhaut-Coupé“ – das teuerste Auto der Welt

143 Millionen Dollar: Wertvollstes Auto aller Zeiten

Mit einem Auktionspreis von umgerechnet 135 Millionen Euro ist das 300 SLR „Uhlenhaut-Coupé“ das teuerste Auto der Welt. Die Autoszene hält den Atem an, als Mercedes-Benz diese Summe am 5. Mai 2022 auf einer zusammen mit RM Sotheby’s durchgeführten Versteigerung in Stuttgart erzielt und den bisherigen Rekordhalter – einen 2018 in Monterey auktionierten Ferrari 250 GTO für ca. 46,5 Millionen Euro – deutlich in seine Schranken weist.

Die silberne Rennsport-Ikone mit Flügeltüren aus dem Jahr 1955 ist einer von nur zwei existierenden Prototypen und wandert in die Garage eines britischen Privatsammlers, während das zweite Exemplar im Firmenbesitz verbleibt und weiterhin im Stuttgarter Mercedes-Benz Museum ausgestellt wird. Die Entscheidung, den Oldtimer zu verkaufen, ist kein Zufall: Der Erlös soll in das Stipendienprogramm „Mercedes-Benz Fund“ fließen, um die Entwicklung neuer Technologien zu fördern.

Benannt nach ihrem Schöpfer, dem Mercedes-Chefingenieur Rudolf Uhlenhaut, werden die beiden Coupés ursprünglich als Weiterentwicklung des offenen 300 SLR für die Rennsaison 1956 entwickelt, kommen jedoch nie zum Einsatz, weil Mercedes nach dem schwersten Rennsport-Unglück aller Zeiten im Jahr 1955 den Motorsport verlässt. Stattdessen mutiert die achtzylindrige Schönheit zum persönlichen Dienstwagen ihres Ingenieurs.

Schneller als sein Rennfahrer: Der rasante Ingenieur

Das Geheimnis des 300 SLR und seinem unglaublichen Oldtimer-Wert ist untrennbar mit der Lebensgeschichte Rudolf Uhlenhauts verbunden. 1906 in London geboren, wird der quicklebendige Bewegungs-Fanatiker direkt nach seinem Maschinenbaustudium 1931 an Daimler-Benz weitergereicht und stellt sich fernab des Zeichenbretts jeder Herausforderung – von tausenden Kilometern mit dem legendären „Silberpfeil“ W25 auf dem Nürburgring bis zur persönlichen Erfahrung im Windkanal.

Die große Stunde des ersten Mercedes-Versuchsingenieurs schlägt im Jahr 1952, als Uhlenhauts revolutionärste Idee Früchte trägt: Aus den vorhandenen Teilen der Serienlimousine 300 („Adenauer-Mercedes“) konstruiert er den ikonischen 300 SL, dessen Flügeltüren eine technische Notlösung sind, um Platz für den dünnen Gitterrohrrahmen des Fahrzeugs zu schaffen.

Zwischen 1952 und 1954 fährt der 300 SL sensationelle Rennerfolge ein und bringt Mercedes zurück ins Rampenlicht des internationalen Motorsports. Doch die Konkurrenz wird stärker. Für die Marken-WM 1955 beschließen die Stuttgarter unter Uhlenhaut eine Weiterentwicklung: Auf Basis des 300 SL wird ein zweisitziger Roadster geschaffen, der in jeder Hinsicht schneller, kompromissloser und härter sein soll. Sein Name: 300 SLR – „Super Leicht Rennsport“. Für damalige Zeiten unglaubliche Leistungen von bis zu 310 PS und 310 km/h Topspeed sollen die triumphale Serie fortsetzen.

Rudolf Uhlenhaut persönlich testet die wilde Maschine auf dem Nürburgring und fährt sogar drei Sekunden schneller als Rennfahrer Juan Manuel Fangio. Doch die Technik alleine genügt nicht. Alfred Neubauer, von 1926 bis 1955 Rennleiter des Mercedes-Benz-Grand-Prix-Teams, lässt für die Saison ein sensationelles Rennfahrer-Team zusammenstellen.

An der Spitze:

Der 25 Jahre alte Stirling Moss, dessen große Stunde beim ersten Rennen der Marken-WM schlagen soll: Der Mille Miglia. 1600 Kilometer halsbrecherisches Rasen quer durch Italiens Landstraßen.

722: Die magische Zahl des 300 SLR

Am 1. Mai 1955 um 7:22 Uhr läuft der Countdown: Stirling Moss startet in Brescia mit Beifahrer Denis Jenkinson und der Startnummer 722 ins Rennen. Zuvor hatte Jenkinson wochenlang jede Bergkuppe und alle Kurven penibel notiert und mit Moss eine Zeichensprache entwickelt, um nahezu blind im Affentempo über jeden Hügel rasen zu können.

Von Sicherheitsstandards keine Spur: Ohne Dach, Gurte und Überrollbügel, dafür aber mit 265 Liter Sprit an Bord und einfachem Polohemd stellt Moss einen unsterblichen Rekord auf. Nach nur 10:07:48 Stunden und mit 157,65 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit (!) fährt der 300 SLR ins Ziel, 45 Minuten vor dem ersten Ferrari-Piloten Maglioli. Ab sofort steht der Name SLR für exzeptionelle Tapferkeit und ein beispielloses Juwel der Motorsportgeschichte.

Die Mercedes-Dominanz setzt sich in der übrigen Rennsaison 1955 auf spektakuläre Weise fort: Von den insgesamt sechs Rennen, in denen der 300 SLR Roadster seinen bösen Motorenklang ertönen lässt, gewinnt er fünf. Auf dem Nürburgring, beim Großen Preis von Schweden, auf der Tourist Trophy in Nordirland und auf der sizilianischen Targa Florio belegt er jeweils die ersten beiden Plätze.

Der sechste Sieg bleibt ihm auf dramatische Weise verwehrt: Im folgenschwersten Unfall der Motorsport-Geschichte beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans kracht ein 300 SLR in die Zuschauerränge und reißt 82 Zuschauer in den Tod.

Nicht nur aus diesem Grund entschließt sich Mercedes, nach 1955 vorerst den Rennsport zu verlassen; auch die unüberbietbare Bilanz der Saison und die Notwendigkeit, mehr Ressourcen in die Pkw-Entwicklung fließen zu lassen, sind zentrale Beweggründe.

Vom Roadster zum Uhlenhaut-Coupé

Somit rennt der 300 SLR nur einen Sommer. Insgesamt werden zehn Exemplare produziert: Acht Roadster (von denen einer in Le Mans verunglückt und ein anderer nicht fertiggestellt wird) und zwei Coupés. Die geschlossene Variante wird noch vor dem Entschluss des Rennsport-Ausstiegs von Rudolf Uhlenhaut entwickelt, um den Piloten in der geplanten Saison 1956 einen höheren Komfort zu bieten.

Ein Auto lässt der Ingenieur mit rotem Interieur anfertigen, das zweite mit blauem Innenraum. Fesselnd ist vor allem die äußere Schönheit des Uhlenhaut-Coupés, welche einen großen Beitrag zum heutigen Oldtimer-Wert leistet: Durch das zierliche Flügeltürer-Dach mit flacher Heckscheibe gewinnt der aus ultraleichtem Magnesiumblech gefertigte Rennwagen eine delikate Eleganz, die im starken Kontrast zum rohen, höllischen Getöse des 3-Liter-Achtzylindermotors steht.

Selbst die wildesten heutigen Mercedes Youngtimer, die man verkaufen kann, kommen in getuntem Zustand nicht an den Lärm des Uhlenhaut-Coupés heran. Um eine Straßenzulassung zu erhalten, musste ein zusätzlicher Schalldämpfer über die seitlichen Auspuffrohre gestülpt werden.

Ein Dienstwagen der besonderen Art

Erstmals öffentlich sichtbar ist der geschlossene 300 SLR im August 1955 beim Grand Prix von Schweden. Dorthin bringt Rudolf Uhlenhaut sein Meisterwerk quasi als Organisationsfahrzeug. Als die zeitlose Schönheit anschließend nicht mehr ihren ursprünglichen Zweck erfüllen kann, erlangt sie auf andere Weise Berühmtheit: Als persönlicher Dienstwagen des Chefingenieurs.

In Zeiten der freien Straßen und leeren Autobahnen lässt es der begeisterte Racer nochmal richtig krachen, als er mit dem 300 SLR regelmäßig zwischen dem Mercedes-Werk in Untertürkheim in die zwölf Kilometer entfernte Heimatstadt Riedenberg fährt. Seine „Sollzeiten“ werden zur Messlatte der Sportwagengemeinde. Ab 1955 ist Uhlenhaut als Entwicklungschef für Mercedes-Serienautos verantwortlich, tritt 1972 in Pension und stirbt 1989 im Alter von 82 Jahren.

Der Mythos SLR lebt nach seinem Tod weiter: Im Jahr 2003 erscheint mit dem SLR McLaren ein Seriensportwagen, der zahlreiche ästhetische Details seines historischen Vorbilds auf moderne Weise interpretiert. Doch ein wahres Uhlenhaut-Coupé wird es nie wieder geben. Beide Exemplare der Legende verbleiben bis 2022 durchgehend im Besitz von Daimler, bis das genannte Auto zum Rekordpreis versteigert wird. Ob man in Zukunft je wieder für dreistellige Millionenbeträge einen Oldtimer verkaufen kann, ist fraglich.

Teuerste Auktionen: Plätze 2 und 3 gehen an Ferrari

Verstärkt werden die Zweifel an der Wiederholbarkeit einer 135 Millionen Euro schweren Fahrzeug-Auktion durch die enorme Distanz zum Zweitplatzierten: Seit Jahrzehnten galt der Ferrari 250 GTO als wertvollstes Auto aller Zeiten, zuletzt mit Auktionspreisen von 48,4 Millionen Dollar (2018) und 38,1 Millionen Dollar (2014).

Enorme Rennsporterfolge und eine hohe Seltenheit begründen die Begehrtheit: Zwischen 1962 und 1964 sichert die klassische Frontmotor-Berlinetta ihrem Hersteller drei Weltmeistertitel in Folge, zwei Gesamtsiege bei der Tour de France und GT-Siege auf den angesehensten Pisten der Welt – von Le Mans bis zum Nürburgring.

1962 und 1963 werden insgesamt 36 Exemplare gebaut, doch der verbesserte 250 GTO von 1964 läuft nur drei Mal vom Band. Ein Exemplar dieses Trios kam bei RM Sotheby’s in Monterey 2018 auf die genannten 48,4 Mio. Dollar.

Youngtimer Wertermittlung: 20 Millionen für einen McLaren F1

Nicht nur Oldtimer können Auktionspreise weit im zweistelligen Millionenbereich knacken. Unter den jüngeren Fahrzeugen sticht vor allem der legendäre, zwischen 1993 und 1997 gebaute McLaren F1 hervor: Gooding & Company konnte 2021 den Youngtimer verkaufen, als er in Pebble Beach sensationelle 20,5 Millionen Dollar erzielte.

Vom legendären Designer Gordon Murray entwickelt, galt er mit über 370 km/h viele Jahre als schnellstes Serienauto der Welt und wurde nur 106 Mal gebaut. Experten sind sich sicher: Sollte in Zukunft für diesen Youngtimer eine Wertermittlung durchgeführt werden, wird der Preis noch höher ausfallen.

*Bild-Quellen: wikipedia.org

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